Einführung zum Video-Livestream des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks am 10. Februar 2022


Frank Bridge: The Sea

Frank Brisge
Frank Bridge (* 1879 in Brighton, † 1869 in Eastbourne)

Bridge begann im Alter von sechs Jahren bei seinem Vater mit Violinunterricht und erhielt seit 1891 zusätzlich eine Musikausbildung an der Brightoner Musikschule. Später spielte er im Orchester seines Vater, gelegentlich vertrat er verschiedene Instrumente, arrangierte Musik und dirigierte sogar. 1896 nahm er am Royal College of Music in London das Violinstudium bei Archille Rivarde und seit 1899 das Kompositionsstudium bei Charles Villiers Stanford auf 1903 wurde er mit der Tagore Gold Medal als „der herausragendste Schüler“ des Jahres ausgezeichnet. Nachdem er das College verlassen hatte, verdient Bridge seinen Lebensunterhalt als Lehrer, Geiger, Bratschist und Dirigent. Ab 1905 gewann er eine Reihe von Kompositionspreisen, die zu Kompositionsaufträgen führten. Für mehrere Jahre engagierte er sich bei der Classical Concerts Society.
 Seine Musik zeigte eine große stilistische Vielfalt. Die grundlegend klassische Orientierung seines musikalischen Denkens reduzierte spätromantische Anklänge und begünstigte die Aufnahme moderner musikalischer Strömungen. Seine frühen Werke zeigen durchweg konventionelle Formen, die Orchesterwerke dieser Periode, Dance Rhapsody (1908) und The Sea sind meisterlich instrumentiert, programmatisch angelegt und zeigen neben seiner Vorliebe für naturalistische Darstellungen auch sein kontrapunktisches Können.
 Vom Ersten Weltkrieg war Bridge als Pazifist tief betroffen, und im Sog der Rezession von 1921 folgten finanzielle Probleme. Er fand das Komponieren schwieriger und den Zwang, seinen Lebensunterhalt mit Geigenunterricht für Anfänger zu verdienen, frustrierend. Die amerikanische Mäzenin der Kammermusik Elizabeth Sprague Coolidge lud ihn 1923 zu ihrem Pittsfield Festival, Massachusetts, ein, wo sein Sextett Es-Dur für Streicher aufgeführt wurde. Sie arrangierte für ihn eine Konzerttour als Dirigent, die ihn nach Cleveland, Boston, Detroit und New York führte, wo er und setzte Bridge eine jährliche Unterstützung aus, die ihn finanziell unabhängig machte. Nach seiner Rückkehr aus den USA gab er seine Lehr- und Konzerttätigkeit auf, obwohl er weiterhin als „Notfall“-Dirigent wirkte. Weitere vier Reisen in die USA, um dort den Aufführungen seiner Werke beizuwohnen, gipfelten in seinem fünften und letzten Besuch 1938, als er mit der Coolidge Medal ausgezeichnet wurde. Bridges herausragendster Schüler war Benjamin Britten. Seit 1932 litt Bridge an Bluthochdruck und an einem schwachen Herzen, welches seine Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigte. Die Krankheit führte zu einer verringerten künstlerischen Produktivität und schließlich zum Tod.



The Sea (1910-11)

Orchesterbesetzung: 3 Flöten (1 auch Piccolo), 3 Oboen (1 auch Englischhorn), 3 Klarinetten (1 auch Bassklarinette), 3 Fagotte (1 auch Kontrafagott) – 4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba – Pauken, 3 Schlagzeuge, Harfe – Streicher
Sätze: 1. Seascape (Seestück) – Allegro ben moderato
2. Sea-foam (Meeresschaum) – Allegro vivo
3. Moonlight (Mondschein) – Adagio non troppo
4. Storm (Sturm) – Allegro energico / Allegro moderato e largamente
Spieldauer: ca. 22 1/4 Min.
Uraufführung: 24. September 1912, Prom Concert London, New Queen’s Hall Orchestra, Sir Henry Wood – Ltg.

Bridge vollendete seine Orchestersuite im Juli 1911, als er sich in der Küstenstadt Eastbourne in Sussex aufhielt, am selben Ort, an dem auch Claude Debussy 1905 seine eigene musikalische Anspielung auf das Meer, die symphonische Dichtung La mer, vollendet hatte.
 Zu den vier Sätzen hat Bridge selbst bei der Uraufführung Kommentare für die Programmnotizen geschrieben, die hier im folgenden zitiert sind.
„Seascape malt das Meer an einem Sommermorgen. Von hohen Bergen aus sieht man eine große Wasserfläche im Sonnenlicht liegen. Warme Brisen spielen über die Oberfläche.“
 „Sea-Foam schäumt zwischen den tief liegenden Felsen und Tümpeln am Ufer, spielerisch, nicht stürmisch.“

 Moonlight: „Eine ruhige See bei Nacht. Die ersten Mondstrahlen kämpfen sich durch die dunklen Wolken, die schließlich vorbeiziehen und das Meer im vollen Mondlicht schimmern lassen.“
 Storm: „Wind, Regen und stürmische See, mit dem Einlullen des Sturms erklingt eine [AnspielungJ auf die erste Nummer, die als Widmung des Meeresliebhabers an das Meer betrachtet werden kann.“
 Das Werk hatte Folgen: Der erste Satz beeinflusste Arnold Bax bei der Komposition seiner symphonischen Dichtung Tintagel. Für den zehnjährigen Benjamin Britten, später der einzige Kompositionsschüler Bridge’s, war es das erste Stück moderner Musik, das ihn tief beeindruckte. Er war, wie er selbst sagte „wie vom Donner gerührt“. Die Titel der Sätze von Brittens Four Sea Interludes aus seiner Oper Peter Grimes weisen auffällige Ähnlichkeiten mit den Titeln der Sätze von Bridge’s The Sea auf.


Alain Altinoglu

Leitung: Alain Altinoglu

Der 1975 in Paris geborene Dirigent armenischer Abstammung studierte am Pariser Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse, an dem er seitdem auch selbst unterrichtet und seit 2014 die Dirigierklasse leitet. 2016 wurde Altinoglu Directeur Musical des Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel, gerade hat er dort seinen Vertrag bis 2025 verlängert. Neben seiner Tätigkeit als Dirigent begleitet er seine Ehefrau, die Mezzosopranistin und Liedsängerin Nora Gubisch am Klavier und macht hin und wieder auch Ausflüge in den Bereich von Jazz und Improvisation. Seit 2021 ist er Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters.