Einführung zur Orchesterprobe des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks am 26. September 2018


Anton Bruckner: Symphonie Nr. 7

Anton Bruckner
Anton Bruckner (* 1824 in Ansfelden, bei Linz, † 1896 in Wien)

Nach einer Kindheit auf dem Lande und einer Ausbildung als Sängerknabe im Stift St. Florian nach dem Tod des Vaters 1837 war Bruckner zunächst Dorfschullehrer bis 1855, danach Organist in Linz. Neben seiner Berufstätigkeit nahm er immer weiter Kompositionsunterricht. Zwischen 1863 und 1865 hörte Bruckner mehrere Aufführungen von Wagner und Liszt, Erlebnisse, die ihm unvermittelt eine eigene, persönliche Tonsprache ermöglichten.
 Nach der erfolgreichen Uraufführung seiner d-Moll-Messe in Linz und seiner ersten Sinfonie c-Moll in Wien erreichte er 1868 die Anstellung am Wiener Konservatorium als Professor für Musiktheorie und Orgelspiel, sowie als Hoforganist. Seine dritte Sinfonie d-Moll widmete Bruckner dem von ihm hochgeschätzten, in Wien aber unbeliebten Richard Wagner. Das ist ein Grund, weswegen weitere Erfolge seiner Sinfonien in Wien bis 1884 ausblieben. Erfolgreicher war er mit seinem Orgelspiel und dabei vor allem mit seinen Improvisationen. Mehrere Konzertreisen machten ihn in ganz Europa bekannt.
 Die siebte Symphonie E-Dur wurde denn auch nicht in Wien, sondern in Leipzig uraufgeführt und wurde für den 60-jährigen Bruckner ein erstes großes Erfolgswerk. Weitere Aufführungen in Leipzig, München, Karlsruhe, Köln und Hamburg, etliche weitere in europäischen Ländern und den USA folgten. In Österreich wurde sie erst 1886 in Graz und Wien gespielt, danach erlebte das Werk in Österreich keine weiteren Aufführungen bis zu Bruckners Tod.



Symphonie Nr. 7, E-Dur (1881-1883)

Orchesterbesetzung: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte – 4 Hörner, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba, 4 Wagner-Tuben (davon 2 Tenor und 2 Bass) – Pauken, 2 Schlagzeuger – Streicher (16-14-12-10-8)
Sätze: 1. Allegro moderato
2. Adagio. Sehr feierlich und sehr langsam
3. Scherzo. Sehr schnell
4. Finale. Bewegt, doch nicht schnell
Spieldauer: ca. 1 Std. 10 Min.
Widmung: Ludwig II. von Bayern
Uraufführung: 30. Dezember 1884 Leipzig, Gewandhausorchester Leipzig, Leitung: Arthur Nikisch.

Im Unterschied zu fast allen früheren Symphonien Bruckners, die von ihm selbst oder auch von anderen vielfach umgearbeitet, gekürzt oder erweitert wurden, gibt es von der Siebten nur eine Fassung des Komponisten. Verändert wurde im Laufe der Aufführungsgeschichte öfter die Besetzung der Wagnertuben. In der Uraufführung wurde gegen den Willen Bruckners ein Hornquartett verwendet, bei einer weiteren Aufführung in Leipzig 1893 spielten Militärmusiker diesen Part. Diese kamen allerdings zu spät zur Aufführung, so dass die mittleren Sätze vertauscht wurden. Unklar ist weiter, ob der Höhepunkt des Adagios mit einem Beckenschlag markiert werden soll oder nicht. Dieser ist zumindest nachträglich in die Partitur eingefügt, wieder gestrichen und erneut eingefügt worden.
 Der erste Satz weist eine Sonatenhauptsatzform auf. Das erste ausgedehnte und chromatische Thema ist das längste aller Brucknerschen Hauptthemen und erinnert stark an Wagner. Mit einem Doppelschlag wird das zweite Thema, die „Gesangsperiode“ eröffnet. Die dritte Themengruppe ist leise und tänzerisch. Ein Nachsatz in der Dominanttonart beendet die Exposition. Die Durchführung beginnt mit der Umkehrung des ersten Themas, eine Verarbeitung des dritten Themas folgt, weitere Modulationen führen in die Reprise, die jetzt das erste Thema zusammen mit seiner Umkehrung, und das zweite Thema in e-Moll bringt und in einer ausgedehnten Coda endet.
 Das Adagio ist eine Trauermusik, die nachträglich auf den Tod Richard Wagners bezogen wurde. Für diesen Satz hat Bruckner die Wagnertuben eingeführt, die dem Orchesterklang eine größere Tiefenwirkung verschaffen. Der Satz hat die Form A-B-A'-B'-A"-Coda. Dabei ist A das Thema der Wagnertuben und B ein Selbstzitat aus dem Te Deum in C-Dur, das Bruckner gleichzeitig mit der 7. Symphonie komponiert hatte. Die Coda, zunächst von den Wagnertuben alleine, dann mit Begleitung der Hörner gespielt, stellt die eigentliche Trauermusik auf Wagner dar.
 Bruckner komponierte das Scherzo nach dem ersten Satz und vor dem Adagio. Es steht in a-Moll und in einem rhythmisch prägnanten ¾-Takt. Es ist entstanden unter dem Eindruck des verheerenden Brandes im Ringtheater, in dessen Nähe Bruckner wohnte. Die Begleitfigur der Streicher stellt die flackernden Flammen und das Umherirren in der Menge dar, das Trompeten-Thema erinnert an die Hornsignale der Feuerwehren. Das Trio in F-Dur ist langsamer und lyrisch beschaulich, bevor die Pauke im pianissimo am Ende die Wiederkehr des Scherzos ankündigt.
 Das Finale ist für den Umfang der ganzen Symphonie erstaunlich kurz. Es verwendet wiederum eine Sonatenhauptsatzform mit drei Themengruppen: Ein mit punktierten Rhythmen prägnantes Eröffnungsthema, das an des Hauptthema des ersten Satzes erinnert, ein choralartiges zweites Thema und ein zurückgenommenes Unisono-Thema, das auch wieder den punktierten Rhythmus des ersten Themas aufnimmt. In der Durchführung werden die Themen rückläufig verarbeitet, das erste Thema dabei gesteigert, in das dann am Ende machtvoll das Haupthema des ersten Satzes, jetzt im Fortissimo des ganzen Orchesters, eintritt.


Christoph Eschenbach

Leitung: Christoph Eschenbach

wurde 1940 in Breslau geboren, verlor seine Familie im Krieg und wurde ab 1946 von der Cousine seiner Mutter, der Pianistin Wallydore Eschenbach, aufgenommen und unterrichtet. Er studierte in Köln und Hamburg Klavier und Dirigieren. 1965 begann er eine internationale Karriere als Pianist, ab 1972 als Dirigent. Ab 1979 war er nacheinander Chefdirigent in Ludwigshafen, Zürich, Houston, Chicago, Hamburg, Philadelphia, Paris und Washington. Seit 2003 ist er musikalischer Leiter der Orchesterakademie des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Seit 2016 dirigiert er an der Mailänder Scala. Ab der Saison 2019/20 soll er das Konzerthausorchester in Berlin übernehmen.