Einführung zur Orchesterprobe des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks am 8. Juni 2022


Emmanuel Chabrier: España

Emmanuel Chabrier
Emmanuel Chabrier (* 1841 in Ambert, Département Puy-de-Dôme; † 1894 in Paris)

In seiner Jugend wurde Chabrier sowohl von der Musik als auch von der Malerei angezogen. Er erhielt Klavier- und Geigenunterricht, schon als Kind komponierte er. 1858 bis 1862 studierte er in Paris Jura und arbeitete 1862 bis 1880 als Jurist im Innenministerium. Als Komponist war er Autodidakt. Chabrier war eng mit den Malern des Impressionismus verbunden.
 1879 besuchte er die Bayreuther Festspiele und gab in der Folge seine Stelle im Innenministerium auf, um sich ausschließlich der Musik zu widmen. Als Assistent von Charles Lamoureux bei dessen Nouveaux Concerts half er bei der Produktion einer konzertanten Aufführung von Tristan und Isolde und wurde mit Vincent d'Indy, Henri Duparc und Gabriel Fauré als Mitglied der Gruppe Le Petit Bayreuth bekannt. Ein Großteil von Chabriers Musik entstand zwischen 1881 und 1891, als er sich nach einem Aufenthalt in Spanien, wo ihn die Volksmusik inspirierte, in der Touraine niederließ. Die letzten drei Jahre seines Lebens waren von einem geistigen und körperlichen Zusammenbruch geprägt.
 Chabriers Musik basiert häufig auf unregelmäßigen rhythmischen Mustern oder sich schnell wiederholenden Figuren ähnlich einer Bourrée. Seine Orchestrierung zeichnet sich oft durch neuartige Instrumentenkombinationen aus.



España, Rhapsodie pour orchestre (1883)

Orchesterbesetzung: 3 Flöten (eine auch Piccolo), 2 Oboen, 2 Klarinetten, 4 Fagotte – 4 Hörner, 2 Kornette, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba – Pauken, 4 Schlagzeuge, 2 Harfen – Streicher
Tempo: Allegro con fuoco
Spieldauer: ca. 6 Min.
Widmungung: Charles Lamoureux
Uraufführung: 4. November 1883, Théâtre du Château d'Eau in Paris, Charles Lamoureux – Ltg.

Von Juli bis Dezember 1882 reisten Chabrier und seine Frau durch Spanien. In einem Brief an Édouard Moullé, ein langjähriger Musikerfreund Chabriers, berichtete er über seine Beobachtungen regionaler Tanzformen. Später schrieb er an Charles Lamoureux von dem Plan, eine Fantasie zu komponieren, die das Publikum in helle Aufregung versetzen werde.
 Obwohl Chabrier zunächst ein Klavierduo plante, entwickelte es sich zu einem Werk für Orchester. Er komponierte es zwischen Januar und August 1883 und gab ihm zunächst den Titel Jota – nach einem heiteren, schnellen Tanz, der in ganz Spanien verbreitet ist –, doch änderte er diesen noch im Herbst 1883 in España. Die Uraufführung war überaus erfolgreich und das Stück begründete über Nacht den Ruhm Chabriers.
 Nach einer kurzen gitarrenähnlichen Einleitung erklingt das erste Thema tief in gedämpften Trompeten und kehrt im Laufe des Stücks viermal wieder. Darauf spielen die Fagotte, Hörner und Celli ein fließendes zweites Thema. Die Fagotte führen eine weitere Idee ben giocoso, sempre con impeto ein, woraufhin die Instrumentalgruppen einen Dialog mit einem weiteren stark rhythmischen Thema aufnehmen. Den durchgehenden 3/8-Takt nutzt er zu vielfältigen großen und kleinen Hemiolen analog zur spanischen Jota. Nach einer Rückkehr zum ersten Thema führt eine weitere fließende Melodie dolce espressivo der oberen Streicher zu einem Höhepunkt, der nur durch ein marcato-Thema der Posaunen unterbrochen wird. Instrumentale und thematische Varianten führen das Stück zu seinem fulminanten Schluss.
 Chabrier schuf zwei Transkriptionen des Werks: ein Lied für Sopran und Klavier sowie eine Version für zwei Klaviere.


Alain Altinoglu

Leitung: Alain Altinoglu

Der 1975 in Paris geborene Dirigent armenischer Abstammung studierte am Pariser Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse, an dem er seitdem auch selbst unterrichtet und seit 2014 die Dirigierklasse leitet. 2016 wurde Altinoglu Directeur Musical des Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel, gerade hat er dort seinen Vertrag bis 2025 verlängert. Neben seiner Tätigkeit als Dirigent begleitet er seine Ehefrau, die Mezzosopranistin und Liedsängerin Nora Gubisch am Klavier und macht hin und wieder auch Ausflüge in den Bereich von Jazz und Improvisation. Seit 2021 ist er Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters.