Einführung zu den Konzerten des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks am 7. und 8. Oktober 2021


Georg Friedrich Händel: Music for the Royal Firework

Georg Friedrich Händel
Georg Friedrich Händel (* 1685 in Halle/Saale; † 1759 in London)

Obwohl zuerst der Herzog von Sachsen-Weißenfels als auch Kurfürst Friedrich III. die musikalische Begabung des jungen Händel erkannten und für seine Ausbildung sorgen wollten, lehnte der Vater, ein Bader und Wundarzt ab: Musik diene „bloßerdings zu nichts anderem als zur Belustigung und Ergetzlichkeit“. Und der gehorsame Sohn nahm noch 5 Jahre nach dem Tod des Vaters 1702 ein Jura-Studium an der Universität Halle auf. Einen Monat später erhielt er probeweise eine Organistenstelle an der calvinistisch-reformierten Dom- und Schloßkirche, „obwohl er ein evangelisch-lutherisches Subjekt“ war. Ein Jahr später wechselte er nach Hamburg, reiste mit Johann Matheson nach Lübeck, um Dietrich Buxtehude aufzusuchen. Die angebotene Amtsnachfolge lehnte er ab, er hätte Buxtehudes Tochter heiraten müssen. 1704 wurde er nach Italien eingeladen, wo er mit seinen Opern viel Beifall erntete. 1710 nahm er eine Kapellmeister- und Hofkomponistenstelle bei dem späteren englischen König Georg I. in Hannover an und reiste am Jahresende für ein Jahr nach London. 1719 gründet er die Royal Academy of Music in London, ein großes, florierendes Opernunternehmen, das vom König und einer Reihe von Adligen unterstützt wurde. Von hier aus fanden seine Opern in ganz Europa Verbreitung. Das ging so lange gut, bis Johann Christoph Pepusch seine parodistische Bettleroper 1728 auf die Bühne brachte, in der die italienische Oper so scharf verspottet wurde, dass das Publikum sich davon abwandte. Alle Anstrengungen, dem finanziellen Ruin zu entgehen, führten Händel 1737 zu einem gesundheitlichen Zusammenbruch. Nach einer Kur wandte er sich von der Oper ab und konzentrierte sich auf Oratorien mit alttestamentarischen Stoffen, die die englischen Puritaner begeisterten. Damit errang Händel Erfolge, die alle früheren in den Schatten stellten.



Music for the Royal Firework (Ouvertüre) HWV 351 (1749)

Orchesterbesetzung: 2 Flöten, 3 Oboen, 3 Fagotte – 3 Hörner, 3 Trompeten – Pauken – Streicher
Sätze: 1. Ouvertüre – Adagio, Allegro, Lentement, Allegro
2. Bourée
3. „La paix“ – Largo alla Siciliana
4. „La Réjouissance“ – Allegro
5. Menuett I – Menuett II
Spieldauer: ca. 20 Min.
Uraufführung: 27. April 1749, Green Park, London

Als Freiluftmusik konzipiert ist die Music for the Royal Fireworks. Sie wurde anlässlich des am 7. Oktober 1748 geschlossenen Aachener Friedens von König Georg II. in Auftrag gegeben und am 27. April 1749 in Londoner Green Park uraufgeführt. Im Vorfeld kam es wegen der Orchesterbesetzung zu Auseinandersetzungen zwischen dem König und Händel. Denn der König wollte ausschließlich „Militärinstrumente“ (Oboen, Fagotte, Hörner, Trompeten und Pauken) verwendet wissen. Händel dagegen bestand auf Mitwirkung von Streichinstrumenten. Wer sich von beiden letztendlich durchsetzte, lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Tatsache bleibt, dass Händel seine Partitur ausschließlich für Blasinstrumente und Pauken konzipierte, jedoch später vermerkte, dass zusätzlich Streicher die Oboen- und Fagottstimmen zu verdoppeln hätten. Die öffentliche Probe der Feuerwerksmusik mit 100 Musikern vor 12.000 Zuhörern am 21. April in Vauxhall Gardens wurde ein großer Erfolg. Das eigentliche Ereignis dagegen, die offizielle Feierlichkeit am 27. April im Green Park, endete mit einem Desaster. Durch technisches Versagen des Feuerwerks fingen die eigens für das Feuerwerk errichteten Bauten und Dekorationen Feuer und brannten nieder. Einzig Händels Musik soll die Ehre dieses Tages gerettet haben.
 In der als französische Ouvertüre gestaltete Eröffnung verwendet Händel zwei Themen, die er bereits in früher komponierten Ouvertüren verwendet hatte. Das erste Adagio ist dreiteilig mit einem klanglich reduzierten Mittelteil und einer Reprise. Auch der zweite Teil ist dreiteilig, hier bildet das „Lentement“ im 4/4-Takt einen Gegenpol zu dem Allegro im ¾-Takt, das am Ende verkürzt wiederholt wird.
 Das Bourée in d-Moll ist ein schlichter Tanzsatz, der ohne Trompeten und Pauken eher klein besetzt ist.
 Der dritte Satz ist der Ruhepol innerhalb der Suite. Der langsam wiegende 12/8-Takt gibt dem Stück einen würdevollen, fast pastoralen Charakter.
 Mit „La Réjouissance“ (= Die Fröhlichkeit) knüpft Händel wieder an den festlichen Charakter der Ouvertüre an und komplettiert die Besetzung. Berichten zufolge soll La Réjouissance der Lieblingsteil von König Georg II. gewesen sein.
 Das Menuet I steht wieder in d-Moll, wirkt intimer und ähnelt in Form und Instrumentierung dem Bourrée. Es wird von beiden Instrumental-Gruppen gemeinsam gespielt.
 Das Menuet II in D-Dur entspricht formal zwar dem ersten Menuett, knüpft aber eher an La Réjouissance an.


Richard Egarr

Leitung: Richard Egarr

wurde 1963 in Lincoln/GB geboren. Egarr erhielt seine frühe musikalische Ausbildung als Chorsänger am York Minster, später an der Chetham's School of Music in Manchester. Anschließend war er Orgelschüler am Clare College der Universität Cambridge und absolvierte die Guildhall School of Music and Drama in London. Angeregt durch seinen Mitstudenten Gustav Leonhardt interessierte er sich schon früh für die Historische Aufführungspraxis. Egarr hat die Fähigkeit, alle möglichen Tasteninstrumenten zu bespielen. Er beherrscht das musikalische Repertoire der Tasteninstrumente seit Beginn der Intabulierung über Dussek, Chopin bis hin zu Berg und Davies. Im Jahr 2006 trat er die Nachfolge von Christopher Hogwood als musikalischer Direktor bei der Academy of Ancient Music an.