Einführung zur Orchesterprobe des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks am 29. April 2021


Wolfgang Amadeus Mozart: Sinfonia concertante, Es-Dur, KV 297b

Wolfgang Amadeus Mozart
Wolfgang Amadeus Mozart (* 1756 in Salzburg; † 1701 in Wien)

Im Herbst 1772 musste sich Leopold Mozart eingestehen, dass für seinen Sohn Wolfgang Amadeus die Wunderkindzeit vorbei war; den siebzehnjährigen hielt niemand allein aufgrund seiner Werke für eine unentbehrliche Größe im Musikgeschäft. Weitere Versuche, in Wien oder München eine Stelle zu finden, scheiterten und sein Dienstherr, der Fürsterzbischoff Hieronymus von Colloredo, genehmigte Leopold keine Reisen mehr mit dem Sohn. So musste er von der Mutter begleitet werden. Sie fuhren nach München, Augsburg und Mannheim, ohne dass sich eine Stelle finden ließ. Schließlich reisten Mutter und Sohn im Frühjahr 1778 nach Paris. Doch an die 15 Jahre zuvor errungene Beachtung erinnerte sich dort niemand mehr, auch Baron von Grimm, die Kontaktperson des Vaters, konnte nicht weiterhelfen.
 Trotzdem fand Wolfgang Amadeus Möglichkeiten, wo er anknüpfen konnte. Für das unter der Leitung von Joseph Legros stehende, zumeist aktuelle Musik italienischer und deutscher Komponisten spielende „Concert spirituel“ konnte er komponieren. Er nahm Kontakt mit Anne-Pierre-Jacques Devismes auf, der die Pariser Oper „Académie Royale de Musique“ leitete, um einen Opernauftrag zu erhalten, was sich allerdings letztendlich zerschlug. Und schließlich arbeitete er als Musiklehrer für die Kinder verschiedener Adelsfamilien und in der königlichen Residenz von Versailles. Regelmäßig berichtete er brieflich dem Vater.
 Aus dem Brief vom 5. April 1778 geht hervor, dass er für das „Concert spirituel“ und die vier Solo-Bläser der Mannheimer Hofkapelle, den Flötisten Johann Baptist Wendling, den Oboisten Friedrich Ramm, den Hornisten Johann Wenzel Stich (alias Giovanni Punto) und den Fagottisten Georg Wenzel Ritter eine Sinfonietta concertante komponiert habe. Ob dies den Tatsachen entspricht, ist nicht bekannt, aufgeführt wurde sie nicht. In einem Konzert des „Concert spirituel“ am 18. Juni wurde die dreisätzige „Pariser“ Sinfonie D-Dur KV 297 aufgeführt und noch einmal am 15. August, jetzt mit einem neuen langsamen Satz; dies so erfolgreich, dass am 8. September erneut eine Sinfonie von Mozart gespielt wurde.
 Am 3. Juli musste Mozart den Tod seiner Mutter beklagen. Sie war kurz zuvor erkrankt, war noch eine Weile bettlägerig, ihr Zustand verschlechterte sich jedoch rapide. Nach drängenden Forderungen des Vaters reiste er Ende September zurück. Insgesamt war die Paris-Reise ein gewaltiger Misserfolg. Ein Großteil der entstandenen Werke blieb zurück, ging verloren, manches lag nur als Fragment vor, anderes war über erste Ideen nicht hinausgelangt.



Sinfonia concertante für Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Orchester, Es-Dur, KV 297b

Orchesterbesetzung: Solo-Oboe, Solo-Klarinette, Solo-Horn, Solo-Fagott – 2 Oboen, 2 Hörner
 - Streicher
Spieldauer: ca. 28 Min.
Sätze: 1. Allegro
 2. Adagio
 3. Andantino con variazioni

Der erste wissenschaftliche Mozart-Biograph, Otto Jahn, hatte eine große Menge an Mozart-Briefen, Originalmanuskripten und Partiturabschriften zusammengetragen. Diese Sammlung enthielt das anonyme Kopiermanuskript der hier gespielten Sinfonietta concertante. Otto Jahn stellte es 1869 Ludwig Köchel zur Verfügung, um bei der Erstellung des Köchelschen Werkverzeichnisses behilflich zu sein. Weil die Jahn-Partitur eine etwas andere Solistenbesetzung hat als das verlorene Mozart-Werk, aber auch, weil sie etliche Kopier- und Kompositionsfehler enthält, verhandelt die Mozartforschung KV 297b entweder als eine spätere Fassung der verschollenen Pariser Sinfonia concertante, als eine Bearbeitung mozartscher Fragmente oder als Fälschung. Aus diesem Grund hat die Neue Mozartausgabe sie nicht in den Kernbestand der gesicherten Mozartwerke aufgenommen. Der amerikanische Mozart-Forscher Robert D. Levin geht davon aus, dass der Satz der Solostimmen im Keim echt ist und von einem fremden Bearbeiter uminstrumentiert worden ist (Flöte zu Oboe, Oboe zu Klarinette). Die Orchesterstimmen hält Levin für unecht.
 Der erste Satz weist eine etwas ungewöhnliche Sonatenform auf. Die gesamte Exposition wird zunächst vom Orchester allein gespielt, es folgt das erste Thema mit den Bläsersolisten, bevor die gesamte Exposition nochmals leicht variiert wiederholt wird. Die Durchführung wird anfangs nur vom Orchester bestritten, erst in der zweiten Hälfte erhalten die Bläsersolisten die Gelegenheit zu allerlei Virtuositäten. Die Reprise erfolgt dann regelgerecht und enthält in der Coda eine ausgeschriebene Kadenz.
 Der zweite Satz steht hier in der gleichen Tonart. Er beginnt in der viertaktigen Orchestereinleitung mit einem punktierten Rhythmus, der im weiteren nicht noch einmal wieder aufgenommen wird. Danach bestimmen die Solisten das melodische Material, während das Orchester weitgehend auf harmonische Füllstimmen beschränkt bleibt.
 Der dritte Satz ist ein Variationen-Satz mit einem schlichten, volksliedhaften Thema. Dies wird in zehn Variationen durchgeführt, dabei wird jede Variation durch identische, dekorative Orchester-Ritornelli getrennt. Die zehnte Variation endet mit einem kleinen Adagio, bevor sie mit einem Allegro im 6/8-Takt erneut ansetzt. Das folgende Orchester-Ritornell mündet unter Beteiligung der Solisten in einen Halbschluss. Diesem folgt ein leises calando, bevor der Satz mit einer kleinen schwungvollen stretta endet.


Andrés Orozco-Estrada

Leitung: Andrés Orozco-Estrada

1977 in Medellín, Kolumbien geboren. Er begann seine Ausbildung mit Violinunterricht. Als 15jähriger erhielt er den ersten Dirigierunterricht. Von 1997 bis 2003 studierte er an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, Wien, in der Dirigierklasse von Uroš Lajovic, einem Schüler des legendären Hans Swarowsky. 2004 sprang Orozco-Estrada kurzfristig bei einem Festwochen-Konzert des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich im Wiener Musikverein ein. Dieses Konzert, nach dem Orozco-Estrada von der Wiener Presse als „das Wunder von Wien“ gefeiert wurde, führte zu einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Orchester, sowie zu Einladungen zahlreicher internationaler Orchester. 2007 wurde er Chefdirigent des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich. Mit der Saison 2014/2015 folgte er Paavo Järvi als Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters und wurde Musikdirektor der texanischen Houston Symphony. Ab der Saison 2021/22 wird er Chefdirigent der Wiener Symphoniker als Nachfolger von Philippe Jordan.

Nicolas Cock-Vassiliou

Oboe: Nicolas Cock-Vassiliou

Er wurde 1981 in Paris geboren und begann im Alter von acht Jahren Oboe zu spielen. Er studierte am Pariser Conservatoire bei Jacques Tys und Maurice Bourgue. In der Orchesterakademie der Oper Zürich sammelte Nicolas Cock-Vassiliou erste Berufserfahrung und war ab 2007 Solo-Oboist des Orchestre National des Pays de la Loire, bevor er 2010 als Solo-Oboist ins hr-Sinfonieorchester wechselte. Daneben ist Cock-Vassiliou u.a. Dozent der Orchesterakademie des hr-Sinfonieorchesters, des Landesjugendsinfonieorchesters Hessen und des Cyprus Youth Symphony Orchestra. Zusätzlich studierte er Barockoboe in Paris, Basel und Urbino bei Marcel Ponseele und Alfredo Bernardini und musiziert als Gast-Oboist in renommierten Orchestern, darunter das Gewandhausorchester Leipzig, das Orchestre National de France, die Bamberger Symphoniker und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin.

Tomaž Močilnik

Klarientte: Tomaž Močilnik

Er wurde 1990 in Slowenien geboren, wo er auch seine erste Ausbildung erhielt. Ab 2013 spielte er als Solo-Klarinettist beim Gustav Mahler Jugendorchester, 2014 wurde er in die Orchesterakademie der Staatskapelle und der Staatsoper Berlin aufgenommen. Er spielt seit 2016 im hr-Sinfonieorchester.





Theo Plath

Fagott: Theo Plath

Er wurde 1994 in Koblenz geboren. Er studierte Fagott in München und spielte lange im Bundesjugendorchester. 2018 wurde er Solo-Fagottist der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern. Er spielt seit 2019 beim hr-Sinfonieorchester.







Marc Gruber

Leitung: Andrés Orozco-Estrada

Er wurde 1993 in Wesel geboren und studierte Horn in Düsseldorf und Köln. Von 2014 bis 2016 spielte er als Solo-Hornist beim Beethoven Orchester Bonn. Seit 2016 spielt er beim hr-Sinfonieorchester.