Einführung zur Orchesterprobe des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks am 4. Februar 2021


Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 1, C-Dur, op. 21

Ludwig van Beethoven
Ludwig van Beethoven (* 1770 in Bonn; † 1827 in Wien)

Beethoven hatte bereits als Kind Klavier- und Geigenunterricht. Der väterliche Versuch, ihn als Wunderkind vorzuführen, scheiterte. Einigen Unterricht erhielt er bei Christian Gottlob Neefe, dem Bonner Hoforganisten, der ihn nach Wien vermittelte, wo er zuerst von Mozart unterrichtet werden sollte, doch wegen des Todes seiner Mutter musste Beethoven zurück nach Bonn. Eine Begegnung mit Joseph Haydn in Bonn 1792 führte zu einem neuen Wienaufenthalt, jetzt zum Studium bei Haydn, später auch Johann Georg Albrechtsberger und Antonio Salieri. Bekanntschaften mit verschiedenen Adelshäusern eröffneten Beethoven Kompositions- und Konzertaufträge. Sein Ruf war rasch verbreitet, die Wiener Gesellschaft schätzte ihn. Sein Klavierspiel riss alle hin, besonders seine abrupten Kontraste, die er dem Mannheimer Orchester abgelauscht hatte.
 Schon ab 1796 stellten sich allerdings erste Zeichen der Schwerhörigkeit ein, ein Leiden, das ihm ab 1808 das Konzertieren ganz unmöglich machte.



Symphonie Nr. 1 C-Dur, Op. 21 (1799/1800)

Orchesterbesetzung: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte – 2 Hörner, 2 Trompeten – Pauken – Streicher (8-8-6-4-3)
Sätze: 1. Adagio molto – Allegro con brio
2. Andante cantabile con moto
3. Menuetto: Allegro molto e vivace
4. Adagio – Allegro molto e vivace
Spieldauer: ca. 25 Min.
Widmung: Baron Gottfried van Swieten
Uraufführung: 2. April 1800 im K. K. National-Hof-Theater in Wien.

Die C-Dur-Symphonie beginnt mit einer langsamen Einleitung, die mit einem C-Dur-Septakkord eröffnet, der in die Subdominante führt, also in die „falsche“ Tonart, erst mit Beginn des Allegro con brio wird die eigentliche Tonart der Sinfonie etabliert. Das zweite – lyrisch-leichte und transparente – Thema verflicht Holzbläser und Streicher in enger Folge wechselnd miteinander. Die Durchführung zerpflückt die beiden Themen in ihre motivischen Bestandteile, bringt eine lange harmonische Progression von A-Dur, über B-Dur und am Ende nach F-Dur, und verfeinert die Kombination der Orchesterinstrumente. Die Reprise wiederholt die Exposition fast wörtlich; die Coda erinnert an die motivische Arbeit der Durchführung, bevor sie den Satz mit wiederholten und stark akzentuierten Akkorden schließt, die vom gesamten Orchester gespielt werden.
 Auch der zweite Satz verwendet eine Sonatenhauptsatzform, er steht in der Subdominante. Unter allen neun Symphonien Beethovens ist dies der einzige langsame Satz, dessen Exposition wiederholt wird. Das erste Thema wird in einem Fugato eingeführt. Das Tempo des ⅜-Taktes ist angegeben mit „con moto“ und der Metronomangabe ♪ = 120. Damit erhält der Satz etwas Pulsierendes, Leichtfüßiges und setzt damit auf ungewöhnliche Weise den Gestus des erstens Satzes fort. Die beiden Themen sind ähnlich. In der Durchführung verdichtet sich die Motivik und sie geht in eine Mollfärbung über. Die Reprise bringt einen zusätzlichen Kontrapunkt. Beethoven verwendet in diesem Satz das volle Orchester – eine Abweichung zur klassisch üblichen Reduktion des Instrumentariums, dadurch weist der Satz ein großes klangliches Farb- und Stimmungspektrum auf, obwohl er insgesamt leise und leicht bleibt.
 Der dritte Satz ist zwar als Menuetto bezeichnet, die Tempoangabe „Allegro molto e vivace“ macht dieses Menuett aber zum Scherzo, wie Beethoven es in seinen anderen Symphonien verwendet. Zum Scherzo wird es auch dadurch, dass hier keine neuen Melodien oder Motive verwendet, stattdessen die musikalischen Skalen und Dreiklänge aus dem ersten Satz als motivisches Material verarbeitet werden, was diesem Satz Schwung und Witz verleiht. Nach nur 36 Takten wechselt das tonale Zentrum chromatisch von C-Dur nach Des-Dur. Berücksichtigt man das Tempo erscheint dieser dramatische Wechsel also nur etwa 15 Sekunden nach Beginn. Das Trio wird von harmonisch statischen Bläserakkorden mit simultan gespielten Tonleiterbestandteilen der ersten Violinen dominiert und erscheint somit im Vergleich zum quirligen Scherzo-Teil eher wie ein Innehalten.
 Der vierte Satz beginnt – unter den Finalsätzen aller neun Sinfonien ebenfalls ein Einzelfall – mit einer langsamen Einleitung. Ohne Begleitung anderer Instrumente tasten sich die Violinen immer weiter eine Tonleiter hinauf, bis nach kurzem Innehalten das Orchester mit dem ersten Thema des Rondos losstürmt. Das thematische Material wird zumeist von aufsteigenden Tonleitern dominiert, welche in ihrer schnellen, spielerischen Art einen Tribut an den etablierten Charakter Haydn'scher Finalsätze zollen. Mit marschartigen Blechbläsersignalen und mehrfach wiederholten, heftig akzentuierten Tutti-Schlägen des gesamten Orchesters endet die Sinfonie.


Christoph Eschenbach

Leitung am 4. Februar 2021: Christoph Eschenbach

wurde 1940 in Breslau geboren, verlor seine Familie im Krieg und wurde ab 1946 von der Cousine seiner Mutter, der Pianistin Wallydore Eschenbach, aufgenommen und unterrichtet. Er studierte in Köln und Hamburg Klavier und Dirigieren. 1965 begann er eine internationale Karriere als Pianist, ab 1972 als Dirigent. Ab 1979 war er nacheinander Chefdirigent in Ludwigshafen, Zürich, Houston, Chicago, Hamburg, Philadelphia, Paris und Washington. Seit 2003 ist er musikalischer Leiter der Orchesterakademie des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Seit 2016 dirigiert er an der Mailänder Scala. Ab der Saison 2019/20 soll er das Konzerthausorchester in Berlin übernehmen.