Einführung zur Orchesterprobe des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks am 19. und 21. Juni 2019Antonín Dvořák: Stabat MaterAntonín Leopold Dvořák (* 1841 in Nelahozeves, dt. Mühlhausen, Tschechien, 1904 in Prag)
Nach Beendigung seiner Schulzeit an der Prager Orgelschule 1859 arbeitete Dvořák über elf Jahre als Bratschist in einer privaten Tanzkapelle, die 1865 im Opernorchester des Prager Interimstheaters aufging. Offensichtlich probierte er sich in dieser Zeit systematisch als Komponist, vernichtete aber nahezu alles. Ab 1865 erteilte er auch Klavierunterricht, u.a. Anna Čermáková, die er 1873 heiratete. Seine erste für die öffentlichkeit bestimmte Komposition war die Oper Der König und der Köhler von 1871. Mit dem patriotischen Hymnus Die Erben des Weißen Berges für Chor und Orchester gelang ihm der Durchbruch. In den Jahren 1874 bis 1877 wurde ihm ein jährlich gezahltes, staatliches Stipendium verliehen. Johannes Brahms verhalf Dvořák 1877 schließlich zu seinem endgültigen Durchbruch, indem er sich für die Veröffentlichung der Klänge aus Mähren, einer Sammlung von Duetten, einsetzte. Dies war der Beginn einer lebenslangen Freundschaft zwischen den beiden Komponisten. Stabat Mater, Op. 58 (1876-77)
Orchesterbesetzung: 2 Flöten, 2 Oboen (1 auch Englischhorn), 2 Klarinetten, 2 Fagotte 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba Pauken, Orgel Streicher (14/12/10/8/6), Solisten (Sopran, Alt, Tenor, Bass), gemischter Chor SATB „Am Montag hatten wir unsere erste Probe mit dem Chor in der Albert Hall, einem großartigen Gebäude, in dem bis zu 12.000 Personen bequem Platz haben! Als ich auf dem Podium erschien, wurde ich mit einem langen, donnernden Applaus begrüßt, und es dauerte eine Weile, bis sich alles wieder beruhigte. Ich war zutiefst bewegt von solch aufrichtigen Ovationen, ich konnte kein Wort sprechen. Es hätte keinen Sinn gehabt, da mich niemand verstanden hätte. [
] Der Leiter des Vereins, der ausschließlich Oratorien aufführt, Herr Barnby, der im vergangenen Jahr das Stabat mater dirigierte, hat alles wunderbar studiert und einstudiert, so dass die Probe sehr gut verlaufen ist. Am nächsten Tag hatten wir die Probe mit dem Orchester und die Solisten am Nachmittag Londons beste, ich möchte insbesondere hinzufügen, dass Tenor und Alt wunderschöne Stimmen haben. Aber ich muss kurz die Größe des Orchesters und des Chores erwähnen. Bitte, sei nicht beunruhigt! Es gibt 250 Soprane, 160 Altstimmen, 180 Tenöre und 250 Bässe. Beeindruckend waren auch die orchestralen Abschnitte: 24 erste Violinen, 20 zweite Violinen, 16 Violen, 16 Cellos, 16 Kontrabässe. Die Wirkung eines so starken Ensembles war in der Tat berauschend. Ich kann es kaum beschreiben.
Das Werk bereiste danach die Welt und wurde in den nächsten zwei Jahren in Birmingham, Worcester, Pittsburg, New York, Zagreb und Mannheim gespielt. Der durchschlagende Erfolg der Arbeit war unmittelbar und dauerhaft. Aufgrund seiner außergewöhnlichen musikalischen und spirituellen Qualitäten ist Dvořáks Oratorium der berühmteste Schauplatz der mittelalterlichen liturgischen Sequenz Stabat mater und eines seiner beliebtesten und am häufigsten gespielten Werke.
Stabat mater dolorosa iuxta crucem lacrimosa, dum pendebat filius.
Cuius animam gementem, contristatam et dolentem pertransivit gladius. O quam tristis et afflicta fuit illa benedicta mater unigeniti, Quae maerebat et dolebat, pia mater, dum videbat nati poenas incliti.
Es stand die Mutter voll Kummer beim Kreuz, tränenreich, während (dort) (ihr) Sohn hing Ihre klagende Seele, betrübt und schmerzvoll, durchbohrte ein Schwert. Oh, wie traurig und niedergeschlagen war jene gesegnete Mutter des Einziggeborenen, welche wehklagte und litt, die fromme Mutter, als sie sah die Qualen (ihres) gepriesenen Sohnes. II.QUIS EST HOMO
Quis est homo, qui non fleret, matrem Christi si videret in tanto supplicio?
Quis non posset contristari, Christi matrem contemplari dolentem cum filio? Pro peccatis suae gentis Jesum vidit in tormenti set flagellis subditum, Vidit suum dulcem natum moriendo desolatum dum emisit spiritum.
Wer ist der Mensch, der nicht weinen würde, wenn er die Mutter Christi in so großer Verzweiflung sieht? Wer könnte nicht mittrauern, Christi Mutter zu erblicken, wie sie mit dem Sohn leidet? Sie sah Jesus für die Sünden seines Volkes den Foltern und den Geißeln unterworfen, sah ihren süßen Sohn sterbend verlassen/ohne Trost, da er (seinen) Geist aushauchte. III. EJA MATER
Eia Mater, fons amoris, me sentire vim doloris fac, ut tecum lugeam.
Ach, Mutter, Quelle der Liebe, lass mich die Gewalt des Schmerzes fühlen, damit ich mit dir trauere. IV. FAC,UT ARDEAT COR MEUM
Fac, ut ardeat cor meum in amando Christum Deum ut sibi conplaceam.
Sancta Mater, istud agas, crucifixi fige plagas cordi meo valide.
Mach, dass mein Herz in Liebe zu Christus, (meinem) Gott brenne, damit ich ihm gefalle. Heilige Mutter, mach, dass sich des Gekreuzigten Wunden in meinem Herzen fest einprägen. V. TUI NATI VULNERATI
Tui nati vulnerati, tam dignati pro me pati poenas mecum divide.
Die Qualen deines verwundeten Sohnes, doch würdig, für mich zu leiden: mit mir teile (sie). VI. FAC ME VERE TECUM FLERE
Fac me vere tecum flere, crucifixo condolere, donec ego vixero.
Iuxta crucem tecum stare et me tecum sociare in planctu desidero.
Lass mich wahrhaft mit dir weinen, mit dem Gekreuzigten mitleiden, solange ich leben werde. Beim Kreuz mit dir zu stehen, und mich dir zuzugesellen im Klagen - (das) ersehne ich. VII. VIRGO VIRGINUM PRAECLARA
Virgo virginum praeclara, mihi iam non sis amara, fac me tecum plangere.
(Oh, du) Jungfrau, der Jungfrauen strahlendste, (mit) mir sei doch nicht grausam, lass mich mit dir klagen. VIII. FAC, UT PORTEM CHRISTI MORTEM
Fac, ut portem Christi mortem, passionis fac consortem et plagas recolere.
Fac me plagis vulnerari (Fac me) cruce hac inebriari ob amorem filii/(et cruore filii)
Lass mich tragen Christi Tod, lass (mich seines) Leidens Teilhaber (sein), und (an seine) Wunden denken. Lass mich durch (seine) Wunden verwundet, durch dieses Kreuz trunken werden von der Liebe zu (deinem) Sohn. IX. INFLAMMATUS ET ACCENSUS
Inflammatus et accensus per te, Virgo, sim defensus in die iudicii.
Fac me cruce custodiri, morte Christi praemuniri, confoveri gratia.
Entflammt und entzündet durch dich, Jungfrau, sei ich geschützt am Tag des Gerichts. Lass mich durch das Kreuz behütet, durch den Tod Christi beschützt, begünstigt durch die Gnade sein. X. QUANDO CORPUS MORIETUR
Quando corpus morietur, Fac, ut animae donetur paradisi gloria. Amen.
Wenn (unser) Leib sterben wird, mach, dass der Seele gegeben werde des Paradieses
Herrlichkeit. Amen. Leitung: Andrés Orozco-Estrada1977 in Medellín, Kolumbien geboren. Er begann seine Ausbildung mit Violinunterricht. Als 15jähriger erhielt er den ersten Dirigierunterricht. Von 1997 bis 2003 studierte er an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, Wien, in der Dirigierklasse von Uroš Lajovic, einem Schüler des legendären Hans Swarowsky. 2004 sprang Orozco-Estrada kurzfristig bei einem Festwochen-Konzert des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich im Wiener Musikverein ein. Dieses Konzert, nach dem Orozco-Estrada von der Wiener Presse als „das Wunder von Wien“ gefeiert wurde, führte zu einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Orchester, sowie zu Einladungen zahlreicher internationaler Orchester. 2007 wurde er Chefdirigent des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich. Mit der Saison 2014/2015 folgte er Paavo Järvi als Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters und wurde Musikdirektor der texanischen Houston Symphony. Ab der Saison 2021/22 wird er Chefdirigent der Wiener Symphoniker als Nachfolger von Philippe Jordan. Sopran: Hanna-Elisabeth Müller
Sie wurde 1985 in Mannheim geboren und studierte dort bis 2009 und in verschiedenen Meisterklassen. Ab 2010 war sie an der Bayerischen Staatsoper engagiert und wurde für Opernrollen u.a. bei den Salzburger Osterfestspielen, an der Niederländischen Oper Amsterdam, an der Metropolitan Oper New York und an der Mailänder Scala verpflichtet. Daneben arbeitet sie als Lied- und Konzertsängerin. Alt: Gerhild Romberger
Gerhild Romberger ist im Emsland geboren und aufgewachsen, sie studierte bis 1992 in Detmold und ergänzenden Kursen. Seit 2003 hat sie eine Professur an der Hochschule für Musik Detmold inne. 2015 wurde sie mit dem Echo Klassik ausgezeichnet. Ihr künstlerischer Schwerpunkt liegt auf den Konzertgesang. Ihr Repertoire umfasst dabei alle großen Alt- und Mezzo-Partien des Oratorien- und Konzertgesangs vom Barock bis zur Literatur des 20. Jahrhunderts. Tenor: Benjamin Bruns
Er begann als Alt-Solist im Knabenchor Hannover, er studierte in Hamburg. 2002 wurde er am Theater Bremen engagiert. Feste Verpflichtungen an der Oper Köln und der Sächsischen Staatsoper Dresden folgten. Seit 2010 gehört er zum Ensemble der Wiener Staatsoper. Außerdem ist er als Lied- und Oratoriensänger tätig und absolviert immer wieder Gastspiele an verschiedenen Orten. Bass: Günther Groissböck
Er wurde 1976 in Waidhofen, Niederösterreich geboren. Er studierte in Wien Gesang und wurde 2002 an der Wiener Staatsoper verpflichtet. 2003 wechselte er an das Opernhaus Zürich. Seit 2007 ist er freischaffend tätig und gastierte u.a. an der New Yorker Met, der Mailänder Scala, der Bayerischen und der Berliner Staatsoper, der Opéra National de Paris, der Deutschen Oper Berlin. Auch als Konzertsänger ist er erfolgreich. Der MDR-Rundfunkchor ist der größte und traditionsreichste Chor des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und gilt weltweit als eines der gefragtesten Ensembles seiner Art. Es besticht nicht nur als exzellenter Partner der bedeutendsten Orchester, sondern auch mit viel beachteten A-cappella-Interpretationen. Weltliche und geistliche Musik, Ensemblegesang sowie Chorsinfonik gehören gleichermaßen zum Repertoire, das beinahe ein Jahrtausend Musikgeschichte umspannt. Als Spezialensemble für zeitgenössische Musik haben sich die 73 Choristen zudem durch zahlreiche Ur- und Erstaufführungen einen Namen gemacht. |