Einführung zur Orchesterprobe des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks am 25. März 2021


Felix Mendelssohn-Bartholdy: Die schöne Melusine, Op. 32

Felix Mendelssohn-Bartholdy
Felix Mendelssohn-Bartholdy (* 1809 in Hamburg; † 1847 in Leipzig)

Felix Mendelssohn-Bartholdy war der Enkel des Philosophen Moses Mendelssohn. Sein Vater Abraham Mendelssohn übersiedelte 1811 nach Drangsalierungen durch Napoleons Besatzungstruppen von Hamburg nach Berlin, wo er sich als Bankier niederließ, mit seiner Familie zum Protestantismus konvertierte und seinem Namen den christlichen Namen Bartholdy hinzufügte. Die umfassende und vielseitige Bildung hatte in der Erziehung von Felix und seiner Schwester, Fanny, einen hohen Stellenwert. Nach frühem Unterricht bei den Eltern besuchte Felix zwei Jahre lang die Erziehungsanstalt Dr. Messow, danach erhielt er vielfältigen Privatunterricht, der Mathematik, Geschichte, alte und neue Sprachen, Zeichnen, sportliche Aktivitäten ebenso einschloss, wie Klavier-, Violin-, Orgel- und Kompositionsunterricht. Als Neunjähriger wirkte er zum ersten Mal als Pianist bei einer Aufführung eines Klaviertrios von Joseph Wölfl öffentlich mit. Da in seinem Vaterhaus jeden Sonntag Konzerte stattfanden, zu denen eine kleine Kapelle engagiert wurde, hatte der junge Musiker die Möglichkeit, seine ersten Kompositionsversuche aufzuführen. Sein Kompositionslehrer, Carl Friedrich Zelter, unterrichtete ihn im Geist der Musiktheorie des 18. Jahrhunderts und – wie Mendelssohn selbst schrieb – „nicht in der Steifheit einzwängender Lehrsätze, sondern in der wahren Freiheit d.h. in der Kenntniß der rechten Gränzen“.
 1829 reiste er zum ersten Mal nach England, von wo sich nach der Aufführung der Ersten Sinfonie und der Ouvertüre zu Ein Sommernachtstraum sein Ruf als Komponist verbreitete. Von London aus unternahm er mit Karl Klingemann eine Reise durch Schottland. 1830 ging er neuerlich auf eine Reise, die ihn nach mehrwöchigem Aufenthalt bei Goethe in Weimar nach Italien, Paris und London führte. Als er 1833 zurückkehrte, wurde ihm die Leitung der rheinischen Musikfeste in Düsseldorf übertragen. Er übernahm auch die Stellung eines Musikdirektors von Düsseldorf, trat sie jedoch im folgenden Jahr an Julius Rietz ab und begab sich nach Leipzig, wo er Kapellmeister der Gewandhauskonzerte wurde. Als erster Berufskapellmeister leitete er das Orchester von einem Podium aus. Seine seltene Dirigierbegabung, seine umfassende musikalische Bildung sowie sein Ruf als schaffender Künstler machten ihn zum Mittelpunkt des Musiklebens in Leipzig und die Stadt selbst zu einem musikalischen Zentrum von weltweiter Bedeutung.
 Nach seinem Tod setzte die antisemitische Ächtung seiner Musik ein, vor allem vorangetrieben durch den Aufsatz Richard Wagners „Das Judentum in der Musik“, in der dem Namen Mendelssohn-Bartholdy nahezu ausnahmslos die Bezeichnung „Sohn eines reichen jüdischen Bankiers“ beigefügt wurde, um ihn zu deklassieren. Dies hielt Wagner allerdings nicht davon ab, die Hebriden-Ouvertüre zu loben und das „Wellenmotiv“ Mendelssohns aus dessen Märchen von der schönen Melusine in seiner Oper Das Rheingold zu adaptieren.



Die schöne Melusine, Op. 32 (1833)

Orchesterbesetzung: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte – 2 Hörner, 2 Trompeten – Pauken – Streicher (8-6-5-4-3)
Spieldauer: ca. 10 ½ Min.
Uraufführung: 23. Nov. 1835, Leipzig, Christian Gottlieb Müller, Ltg.

Über die Entstehung des Werks berichtet Mendelssohn seiner Schwester Fanny in einem Brief: „Ich habe diese Ouvertüre zu einer Oper von Conradin Kreutzer geschrieben, welche ich voriges Jahr um diese Zeit im Königstädter Theater hörte. Die Ouvertüre wurde da capo verlangt und mißfiel mir ganz apart; nachher auch die ganze Oper, aber die Hähnel nicht, sondern die war sehr liebenswürdig und namentlich in einer Scene, wo sie sich als Hecht präsentirt und sich die Haare macht, da bekam ich Lust, auch eine Ouvertüre zu machen, die die Leute nicht da capo riefen, aber die es mehr inwendig hätte, und was mir am sujet gefiel, nahm ich und kurz, die Ouvertüre kam auf die Welt und das ist ihre Familiengeschichte“.
 Der Mythos von Melusine berichtet von einer Prinzessin, die einen Tag in der Woche als Meerjungfrau verbringen muss. Ihr Ehemann entdeckt jedoch dieses Geheimnis und daher muss sie für immer Meerjungfrau bleiben.
 Das Publikum reagierte eher verhalten auf das Werk, während der Komponist Robert Schumann es wiederum in den höchsten Tönen lobte, als er von „schießenden Fischen mit Goldschuppen, Perlen in offenen Muscheln“ sprach, wogegen sich Mendelssohn allerdings verwahrte, seine Komposition handele nicht von „roten Korallen und grünen Seetieren, von Zauberschlössern und tiefen Meeren“, sie sei eher als eine Beschreibung der Stimmung statt der Handlung zu verstehen.


Andrés Orozco-Estrada

Leitung: Andrés Orozco-Estrada

1977 in Medellín, Kolumbien geboren. Er begann seine Ausbildung mit Violinunterricht. Als 15jähriger erhielt er den ersten Dirigierunterricht. Von 1997 bis 2003 studierte er an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, Wien, in der Dirigierklasse von Uroš Lajovic, einem Schüler des legendären Hans Swarowsky. 2004 sprang Orozco-Estrada kurzfristig bei einem Festwochen-Konzert des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich im Wiener Musikverein ein. Dieses Konzert, nach dem Orozco-Estrada von der Wiener Presse als „das Wunder von Wien“ gefeiert wurde, führte zu einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Orchester, sowie zu Einladungen zahlreicher internationaler Orchester. 2007 wurde er Chefdirigent des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich. Mit der Saison 2014/2015 folgte er Paavo Järvi als Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters und wurde Musikdirektor der texanischen Houston Symphony. Ab der Saison 2021/22 wird er Chefdirigent der Wiener Symphoniker als Nachfolger von Philippe Jordan.