Einführung zum Video-Livestream des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks am 11. März 2022


Giacomo Puccini: Preludio sinfonico

Giacomo Puccini
Giacomo Puccini (* 1858 in Lucca; † 1924 in Brüssel)

Puccini entstammte einer Musikerfamilie. Die Familientradition verlangte, dass er als ältester Sohn Organist, Dirigent und Leiter der Musikschule von Lucca wurde. Als sein Vater Michele 1864 starb, war er gerade fünf Jahre alt. Er erhielt deshalb eine gründliche musikalische Ausbildung, zunächst bei seinem Onkel Fortunate Magi, später in den Seminaren der lucchesischen Hauptkirchen, San Martino und San Michele, schließlich im Istituto musicale Pacini. Dort war Carlo Angeloni sein wichtigster Lehrer. Vielfältige musikalische Aktivitäten begleiteten sein Studium. Auffällig ist, dass er sich schon frühzeitig für das Schaffen Richard Wagners interessierte. Eine Aufführung von Verdis Aida 1876 im benachbarten Pisa bezeichnete er aber als Initialzündung für seine Opernleidenschaft.
 Aus Puccinis lucchesischer Ausbildungszeit sind sechs Werke überwiegend für Chor und Orchester sowie einige Klavier- oder Orgelstücke bekannt. Sie zeigen Puccini auf dem Weg zum Komponisten solider Gebrauchsware.
 Obwohl ihm mit diesen Gesellenarbeiten der Weg zu Luccas höchsten musikalischen Ämtern wohl offengestanden hätte, entschied sich Puccini für die Fortsetzung seines Studiums am Mailänder Konservatorium. Damit brach er mit der Familientradition; er erhoffte sich wohl andere Aussichten als die eines Provinzkapellmeisters. Von Ende 1880 bis zum Sommer 1883 studierte er in Mailand, zunächst bei Antonio Bazzini, anschließend bei Amilcare Ponchielli. Puccinis Kompositionen folgten den Anforderungen des Unterrichts, auch nutzte er die Möglichkeit, Aufführungen neuerer Werke des Musiktheaters zu besuchen. Aus Puccinis Mailänder Studienzeit sind eine Fülle von Unterrichtsaufgaben erhalten, darunter zahlreiche Fugen, das Preludio sinfonico für großes Orchester (1882) als Prüfungsarbeit des zweiten Studienjahrs und das Capriccio sinfonico (1883) zum Abschluss des dritten und letzten Jahres. Nur wenige Arbeiten entstanden in dieser Zeit außerhalb des Unterrichts; sie sind gerade deshalb von besonderer Bedeutung, weil in ihnen bereits ein eigener Ton erkennbar wird. Hierzu gehören ein nicht ganz vollständig überliefertes und 2001 rekonstruiertes Streichquartett sowie vier Lieder auf Texte von Antonio Ghislanzoni. Alle anderen Werke sind nur in Fragmenten erhalten, darunter Skizzen für eine nie ausgeführte erste Oper. Puccini beendete im Sommer 1883 sein Studium, begleitet von lobenden Äußerungen in der Presse über sein im Abschlußkonzert gespieltes Capriccio sinfonico. Für ihn bot sich damit aber lediglich die Aussicht auf eine bescheidene Lehrtätigkeit in einem der zahlreichen Konservatorien des Landes. Das war es jedoch keineswegs, was der mit 25 Jahren nun schon nicht mehr ganz junge Musiker sich erträumte. In Italien Karriere als Opernkomponist machen zu können.



Preludio sinfonico (1882)

Orchesterbesetzung: 3 Flöten (eine auch Piccolo), 3 Oboen (eine auch Englischhorn), 2 Klarinetten, 2 Fagotte – 4 Hörner, 2 Trompeten, 2 Posaunen, Tuba – Pauken, 2 Schlagzeuger, Harfe – Streicher
Tempi: Andante mosso – Animato – Tempo I – poco più lento
Spieldauer: ca. 11 Min.
Uraufführung: 15. Juli 1882, Konservatorium Mailand.

Die Uraufführung im Abschlusskonzert des zweiten Studienjahres war wohl die einzige Aufführung zu Puccinis Lebzeiten. Die erste Fassung war um 30 Takte länger, die Puccini dann aber aus dem Mittelteil gekürzt hat.
 Das thematische Material des Werkes basiert größtenteils auf der in den ersten beiden Takten dargelegten Idee. Ihre Intervalle und Harmonien werden erheblich variiert und daraus zwei Hauptthemen entwickelt. Das erste wird chromatisch behandelt. Das zweite erscheint als kantables Thema im walzerähnlichen Animato-Abschnitt im 6/4-Takt etwa in der Mitte der Komposition. Es ist eine leidenschaftliche, tänzerische Melodie, die im Verlauf zweimal vorgestellt und durch häufige ritenuto- und allargando-Effekte verzögert wirkt. Dieser sekundäre Gedanke dient als Wendepunkt vor der Reprise, die das erste Themas mit Wucht den Holzbläsern und Trompeten anvertraut und dieses mit wirbelnden Figurationen in Streicher- und Flötenquartetten umhüllt. Nachdem die Ruhe wiederhergestellt ist, leitet ein neuer, etwas langsamerer Nebengedanke die Rückkehr des zweiten Themas ein, das den ersten Violinen anvertraut und von der Harfe begleitet wird, was zu einer Coda mit langen modulierenden Akkorden und Harfenfiguren führt, mit der das Stück ausklingt.
 Puccini hat mehrere Themen-Abschnitte in seinen Opern Edgar und Le Villi wiederverwendet.



Juraj Valčuha

Leitung: Juraj Valčuha

Der slowakische Dirigent wurde 1976 in Bratislava geboren. Er studierte Komposition und Dirigieren am Konservatorium Bratislava, Dirigieren bei Ilya Musin in Sankt Petersburg und bei Janos Fürst am Conservatoire de Paris. Von 2003 bis 2005 war er Assistenzdirigent beim Orchestre national de Montpellier und an der Opéra national de Montpellier. 2005 bis 2016 dirigierte er das Nationale Symphonieorchesters der RAI, zunächst als Gastdirigent, ab 2009 als Chefdirigent. 2016 wurde er Musikdirektor des Teatro di San Carlo. Mehrfach dirigierte er als Gast das Konzerthausorchesters Berlin und das Houston Symphony Orchestra und viele weitere Orchester. 2018 wurde er mit dem Premio Abbiati ausgezeichnet. Ab der Saison 2022-23 wird er Musikdirektor des Houston Symphony Orchestra.
Valčuha hat seinen Wohnsitz in Frankreich.