Einführung zur Orchesterprobe des Rundfunk-Sinfonie-Orchesters des Hessischen Rundfunks am 17. Juni 2021


Pablo de Sarasate: Fantasía sobre Carmen de Bizet

Pablo de Sarasate
Pablo de Sarasate (* 1844 in Pamplona; † 1908 in Biarritz)

Als Sohn des Leiters einer Militärkapelle wurde Pablo de Sarasate sehr früh in Musik unterwiesen und er hatte den Ruf eines musikalischen Wunderkindes. Mit etwa acht ]ahren trat er erstmal öffentlich als Geiger auf. Zu seinen ersten Lehrern gehörte Manuel Rodríguez, bei dem er in Madrid studierte. 1856 trat er in das Pariser Konservatorium ein, wo er von Jean-Delphin Alard auf der Violine und von Napoléon-Henri Reber in Harmonielehre unterrichtet wurde. In den 1860er Jahren begann er eine glänzende Laufbahn als Konzertgeiger, die ihn auf ausgedehnten und von triumphalen Erfolgen gekrönten Reisen quer durch Europa und Rußland, in die USA sowie nach Südamerika führte; zeitweise gab er dabei jährlich bis zu 100 Konzerte.
 Seine Kompositionen sind hauptsächlich Salonstücke, Fantasien über Opernthemen sowie von europäischer – russischer, ungarischer, rumänischer, schottischer und insbesondere spanischer – Volksmusik inspirierte Werke. Doch kann er nicht als Vertreter eines musikalischen Nationalstils etikettiert werden, wie Luis G. Iberni in Bezug auf die folkloristischen Anleihen Spaniens resümiert, denn Sarasate „sah in der Musik unseres Landes die musikalische Poesie seiner Heimat und wollte diese Stimme als eine weitere im europäischen Leben, in der Geschichte der universellen Musik zu Gehör bringen.“



Fantasía sobre Carmen de Bizet für Violine und Orchester, Op. 25 (1881)

Orchesterbesetzung: Solo-Violine – 2 Flöten (1 auch Piccolo), 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte – 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen – Pauken, 1 Schlagzeug, Harfe – Streicher
Spieldauer: ca. 12 Min.
Sätze: 1. Allegro moderato – 2. Moderato – 3. Lento assai – 4. Allegro moderato – 5. Moderato
Widmung: Joseph Hellmesberger senior
Uraufführung: unbekannt.

Die Carmen-Fantasie ist eines der bekanntesten Werke von Sarasate und wird oft bei Violinwettbewerben aufgeführt. Sie wurde dem österreichischen Geiger, Dirigenten und Primarius des Hellmesberger-Quartetts, Joseph Hellmesberger senior, gewidmet und gilt wegen ihrer filigranen Technik und der von der Oper inspirierten, sanguinischen Leidenschaft als eines der anspruchsvollsten und technisch anspruchsvollsten Stücke für die Violine.
 Der erste Satz beginnt mit einer kurzen Einleitung des Orchesters, danach spielt die Violine Material aus der Aragonaise, dem Entr'acte zu Akt 4. Zu den Techniken gehören Glissando, Flageolett und Pizzicato.
 Der zweite Satz verwendet Material aus der Habanera aus Akt 1 („L'amour est un oiseau rebelle“), das ausgiebig verziert ist.
 Carmens spöttische Behandlung von Zuniga im 1. Akt („Tra la la ... Coupe-moi, brûle-moi“) ist das Thema des dritten Satzes; er endet in einem Flageolett.
 Im vierten Satz ist die Seguidilla aus Akt 1 („Près des remparts de Séville“) mit Verzierungen wie Pizzicato, Triller und Glissando bearbeitet.
 Der letzte Satz basiert auf der Szene zu Beginn des 2. Aktes, in der Carmen und ihre Freundinnen, Frasquita und Mercédès, Zuniga und andere Offiziere unterhalten („Les tringles des sistres tintaient“). Dieser Satz ist der technisch schwierigste der fünf, er verwendet schnelle, bewegte Terzen, schnelle Arpeggien, die den gesamten Tonumfang des Instruments umfassen, und eine abschließende virtuose Tempobeschleunigung.


Andrés Orozco-Estrada

Leitung: Andrés Orozco-Estrada

1977 in Medellín, Kolumbien geboren. Er begann seine Ausbildung mit Violinunterricht. Als 15jähriger erhielt er den ersten Dirigierunterricht. Von 1997 bis 2003 studierte er an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, Wien, in der Dirigierklasse von Uroš Lajovic, einem Schüler des legendären Hans Swarowsky. 2004 sprang Orozco-Estrada kurzfristig bei einem Festwochen-Konzert des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich im Wiener Musikverein ein. Dieses Konzert, nach dem Orozco-Estrada von der Wiener Presse als „das Wunder von Wien“ gefeiert wurde, führte zu einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Orchester, sowie zu Einladungen zahlreicher internationaler Orchester. 2007 wurde er Chefdirigent des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich. Mit der Saison 2014/2015 folgte er Paavo Järvi als Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters und wurde Musikdirektor der texanischen Houston Symphony. Ab der Saison 2021/22 wird er Chefdirigent der Wiener Symphoniker als Nachfolger von Philippe Jordan.

Hilary Hahn

Violine: Hilary Hahn

Die 1979 geborene Geigerin mit Vorfahren aus Bad Dürkheim wuchs in Baltimore auf. Als Kind erhielt sie Unterricht bei Klara Berkovich. Mit zehn Jahren wechselte sie zu dem Eugène Ysaÿe-Schüler, Jascha Brodsky, an das Curtis-Institut of Music in Philadelphia. Mit zwölf Jahren spielte sie erstmals mit dem Baltimore Symphony Orchestra. Seitdem verfolgt sie eine internationale Solisten-Karriere. Mit dem hr-Sinfonie-Orchester war sie zuletzt mit den Violinkonzerten von Brahms am 16. Januar, von Bruch im Dezember und von Mendelssohn-Bartholdy im letzten Juli zu hören.
Sie spielt ein Guarneri-del-Gesù-Modell aus dem Jahre 1864 und ein Stradivari-Modell aus dem Jahre 1865 des französischen Geigenbauers J. B. Vuillaume.