Schattenwurf

Musik für Klavier und Orchester

ca. 10 Min.
komponiert 2021
Solo-Klavier-2222-2200-2 Schl-Str
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Einführung


Die Aufgabe des gegenwärtigen Komponierens bestehe darin, so formulierte der Komponist Klaus Huber, den uneingelösten Fragen der Vergangenheit nachzugehen und für die Gegenwart gültige Antworten zu finden. Auch wenn er sich damit nicht explizit auf Walter Benjamin bezog, ist Hubers Aussage sicher in dessen Sinn zu verstehen. In dem Aufsatz „Über den Begriff der Geschichte“ schreibt Benjamin:

„In jeder Epoche muss versucht werden, die Überlieferung von neuem dem Konformismus abzugewinnen, der im Begriff steht, sie zu überwältigen.“

Es gibt wohl kaum einen Bereich in der Musik, der so sehr der Überwältigung durch Konformismus ausgesetzt ist, wie die Akkordik. Gleichwohl fordert das Instrument Klavier selbstredend eine Auseinandersetzung mit genau dieser musikalischen Ebene. Was lag also näher, sich der Herausforderung zu stellen und die Akkordik als Basis-Material in Schattenwurf zu verwenden?
 So gibt es hier eine annähernd willkürliche Reihung von Septakkorden, die mehrfach abgetastet wird. In neun Abschnitten wird der Intervallstruktur gleichzeitig ein Wechselrhythmus abgewonnen, der ein weiteres Charakteristikum für die ganze Komposition darstellt.
 Die neun Abschnitte bilden eine sich immer weiter auseinanderbewegende Scherenform: Die Unterschiede von Tempi und Dichten, Dynamik und Klangmaterial, figürlichen und rhythmischen Strukturen werden immer größer – eine Reflektion auf die zentrale Bedingung unserer Gegenwart, die gleichzeitig Reichtum und das große Problem unserer Zeit darstellt: die zunehmende Polarisierung. Darin eingebunden erscheinen immer wieder Erinnerungsstücke, die zusammen mit der Akkordik und den Wechselrhythmen eine weitere verbindende Brücke innerhalb des zunehmend heterogenen Feldes darstellen.
 Das Solo-Instrument tritt in manchen Passagen führend, bestimmend oder kontrastierend hervor, dann verschmilzt es wieder mit dem Orchester und wird zum Klangbestandteil des Ganzen. Dabei findet es in den Schlagzeugen musikalische Nachbarn, die besondere Verbindungen ermöglichen.